Empire Me! Jedem sein Königreich?

Mikro-Nationen sind nichts Neues. Aber sie sind immer noch faszinierend. Der Filmemacher Paul Poet hat sich für uns auf die Reise gemacht und berichtet in einem Dokumentarfilm über sechs sehr unterschiedliche Mikro-Nationen.

Eine eigene Welt

»Passt Dir Deine Welt nicht? Dann such Dir Deine eigene!« flüstert uns eine Stimme ins Ohr. Die Stimme stammt aus dem Dokumentarfilm »Empire Me!« von Paul Poet. Und sie entführt uns in eine Welt voller Skurilität und Ausnahmezustände. Die Reise beginnt mit der ehemaligen Militärplattform vor Großbritanniens Küsten und heutigem Königreich Sealand.

Anschließend besuchen die Filmemacher das Fürstentum »Hutt River« in Australien unweit von Perth, das ein Gehöft seine Hauptstadt nennt. Sie reisen zur Föderation von Damanhur in Italien, der heute fast 1.000 Menschen angehörenden, ökologisch und esoterisch ausgerichteten Gemeinschaft. Sie erkunden, wie das Leben im »Zentrum für experimentelle Gesellschaftsgestaltung« – kurz ZEGG – aussieht: hier sucht man neue Formen des Zusammenlebens, der Liebe und der Sexualität.

Und schließlich dürfen natürlich weder das legendäre Christiania am Rande der Kopenhagener Innenstadt fehlen – aufgenommen zu Zeiten der Proteste zum Klimagipfel in Kopenhagen. Noch die »Swimming Cities« – Gebilde zwischen Kunst und Floß, deren Seetüchtigkeit auf den ersten Blick bezweifelt werden muss.

Leider bleibt der Blick hinter die Kulissen bruchstückhaft. Der Film schleift den Zuschauer nur über die Oberfläche. Viel mehr als ein flüchtiger Eindruck, hier seien ganz verrückte »Weltverbesserer« am Werk, die jeglichen Kontakt mit der Realität verloren haben, bleibt wohl kaum zurück. Den kann leider auch die schmale Moderation des Films nicht vertiefen, die ihrerseits fast kryptisch lyrisch bleibt.

Schade, denn das Thema Mikronationen würde viel Stoff für Diskussionen liefern. Es gäbe – gerade in unseren Zeiten der Krisen und Umbrüche – genug, woran man sich mit Hilfe der »real gelebten Utopien«, wie Paul Poet schreibt, reiben könnte. Der Film setzt auf »artificial«, wo – zumindest meinem Geschmack nach – ernsthaftere Debatte sinnvoll wäre. Ja, manchmal fragt man sich auch schlicht, ob Poet sich über diese ganzen »durchgeknallten« Leute nicht einfach nur lustig machen will…?

Nichts desto trotz sei dieser Film all jenem zu empfehlen, die sich mit dem Thema »Mikronationen« noch nie auseinander gesetzt haben. Und die ein Faible für skurrile Artgenossen pflegen – wie ich zum Beispiel. Und deshalb habe ich den Film dann eben doch genossen!

P.S. Hübsch gemacht ist übrigens auch die Website, die neben den üblichen Infos zum Film und Trailern auch ein kleines, unterhaltsames Frage-Antwort-Spiel bereit hält. www.empire-me.net

ilona

ist freie Jour­na­lis­tin, Publizistin, Projekt­ma­che­rin und Medienaktivistin. Seit über zehn Jahren schreibt sie Bücher, Blogposts, macht Podcasts, gibt Workshops und hält Vorträge. Zudem begleitet und berät sie öko-soziale Organisationen, Gemeinschaften, Künstler:innen, Kreative und Aktivist:innen bei der ganzheitlichen und nachhaltigen Planung und Kommunikation ihrer Projekte und Bücher.

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